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Das Vorstellungsgespräch im Wandel der Zeit

Das Vorstellungsgespräch im Wandel der Zeit und was in Zukunft zählt

Der erste Eindruck, das Auftreten, die Chemie zwischen Menschen oder das Schütteln der Hände – all das galt früher beim Vorstellungsgespräch als ausschlaggebend. Zu Zeiten von Corona ist vieles davon undenkbar. Gleichzeitig lassen sich Erfahrungen und Eindrücke aus der Realität nicht eins zu eins ins Digitale übertragen. Das bedeutet, dass Unternehmen und deren HR-Abteilungen diesen Prozess neu definieren mussten. Zahlreiche Veränderungen lagen jedoch bereits seit Jahren in der Luft, so dass die Corona-Pandemie lediglich der Verstärker war, der diese Entwicklung beschleunigte. Höchste Zeit also, sich den State-of-the-Art des Vorstellungsgesprächs vor Augen zu führen.

Der klassische Verlauf eines Vorstellungsgesprächs

Um zu sehen, welche Aspekte des Vorstellungsgesprächs sind verändern und welche Elemente neu hinzugekommen sind, lohnt es sich kurz, den klassischen Verlauf eines Vorstellungsgesprächs in Erinnerung zu rufen. Dieses verlief in der Regel in sechs bis sieben Schritten: 

  1. Begrüßung 
  2. Das Unternehmen stellt sich vor 
  3. Der Bewerber stellt sich vor
  4. Strukturiertes Interview
  5. Fragen des Bewerbers
  6. Optional: Verhandlung von Konditionen
  7. Besprechung des Folgeprozesses

Wenn sich dieses klassische Muster beginnt aufzulösen oder zu wandeln, erfordert das zum einen Anpassungsbedarf auf allen Seiten. Bewerber ebenso wie die HR-Abteilungen müssen sich neu und anders auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten. Zum anderen aber eröffnen Veränderungen in diesem Prozess auch ganz neue Möglichkeiten, die es davor nicht gab. Umso spannender ist es, diese Transformation und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen genauer zu betrachten.

Einige ausgewählte Trends der letzten Jahre 

Der Bewerbungs- und Onboardingprozess verändert sich bereits seit einigen Jahren. Diese Trends sind manchmal direkt mit dem Ablauf des Vorstellungsgesprächs verknüpft oder wirken sich manchmal nur indirekt, aber entscheidend darauf aus. Wir haben die nach unserer Ansicht wichtigsten Aspekte ausgewählt und im Folgenden kurz zusammengefasst.

Talentsuche und der digitale erste Eindruck

Die Social-Media-Plattformen gewinnen bei der Recherche nach qualifizierten Arbeitgebern sowie beim Bewerbungsprozess eine ganz neue Bedeutung. Immer mehr Bewerber achten darauf, sich optimal in den beruflichen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn zu präsentieren und sich zu vernetzen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie hier im Vorfeld Informationen über ihre Bewerber finden können. Der berühmte erste Eindruck entsteht also nicht mehr erst bei der Begrüßung, sondern schon im Vorfeld, online.

Vorabgespräch mit der Fachseite

Der Anteil von Gesprächen via Telefon oder Videokonferenz, die dem persönlichen Kennenlernen vorgeschaltet sind, nehmen zu. Die Vorgehensweise der Unternehmen ist dabei sehr unterschiedlich. Es kann sich beispielsweise um einen eher entspannten Austausch zwischen Bewerber und einem Vertreter des Fachbereichs auf Augenhöhe handeln. Hier wird nicht selten sehr konkret über Fachliches gesprochen, man tauscht sich über Projekte, Vorgehensweisen, Prozesse oder Lernerfahrungen aus. Damit verlagert sich das Assessment über die fachliche Eignung aus dem Vorstellungsgespräch heraus und etabliert sich als eigenes Format. Richtig durchgeführt macht das den Auswahlprozess insgesamt präziser und effektiver.

Vorabgespräch mit Human Resources

Nicht selten führt heute auch die HR-Abteilung das erste telefonische Vorabgespräch. Es kann anhand einer mit der Fachseite erarbeiteten Checkliste gearbeitet werden, oder verhaltensbezogene Fragestellungen geklärt werden. Die Unternehmen versuchen in der Regel eine entspannte Atmosphäre herzustellen, um so einen intensiveren Dialog anzustoßen. Danach erfolgt die Entscheidung für das persönliche Kennenlernen, möglicherweise in einem größeren Kreis oder via Videokonferenz.

Videokonferenzen etablieren sich als neue Norm

Videokonferenzen kommen seit Corona verstärkt zum Einsatz. Dadurch werden seither die Stärken dieser Kommunikationsform vermehrt wahrgenommen und genutzt. Vor allem, wenn an Besetzungsentscheidungen ein international zusammengesetztes Gremium beteiligt ist, bietet sich dieses Medium an. Dabei folgt die Agenda des Videotelefonats in vielerlei Hinsicht nicht selten noch dem klassischen Ablauf des Vorstellungsgesprächs.

Videopräsentationen

Dieses Medium etabliert sich in kleinen Schritten auf dem Bewerbungsmarkt. Bewerber nehmen dabei zu Hause mit einfachen Mitteln kurze Videosequenzen auf, in denen sie sich vorstellen und auch Antworten zu fachlichen Fragestellungen geben. Dieses Tool ist interessant für Stellenausschreibungen, für die die persönliche Wirkung der Kandidaten oder deren Kommunikationsfähigkeit eine besondere Rolle spielen. Auf Basis dieses Elementes folgt dann die Einladung zum Vorstellungsgespräch oder zum Assessment-Center.

Digitales Assessment der Persönlichkeit des Bewerbers

Mit vorgeschalteten Online-Tools, die mit Fragebögen und visuellen Verfahren arbeiten, lassen sich Eigenschaften und Kompetenzen wie beispielsweise Teamfähigkeit, Lernverhalten etc. analysieren. Ein digitales Assessment liefert so bereits zu einem früheren Zeitpunkt Informationen über einen Kandidaten. Auf Basis dieser Informationen können Vorstellungsgespräche punktgenau vorbereitet und durchgeführt werden. Die Ergebnisse werden mit dem Kandidaten besprochen und idealerweise zur Verfügung gestellt. 

Präsentation der Lösung einer Fachaufgabe im Vorstellungsgespräch

Zur Überprüfung der fachlichen Eignung etablierte sich in den vergangenen Jahren ein im Vergleich zum klassischen Ablauf neues Element im Vorstellungsgespräch. Kurz vor dem Vorstellungsgespräch wird um die Beantwortung einer zuvor angekündigten fachlichen Aufgabenstellung gebeten. Die Kandidaten sollen ihre Ergebnisse dann im Rahmen einer Präsentation vorstellen. Das Beobachten der persönlichen Wirkung, der Kommunikationsfähigkeit und der fachlich-methodischen Kompetenzen stehen hierbei im Vordergrund. Dieses Element wird gerne für strategische Aufgabenfelder wie Projektsteuerung, Unternehmensentwicklung und Transformationsmanagement eingesetzt.

Gespräche in ungezwungenem Rahmen, außerhalb des Unternehmens

Was tun, wenn die Wahl zwischen Bewerbern mit gleicher Eignung knapp ausfällt? Ein gemeinsames Frühstück, oder ein Mittagessen im Restaurant können ein neues Setting bieten, in dem sich der entscheidende Eindruck leichter gewinnen lässt. Wie verhalten sich Kandidaten in einer Situation, die entspannter als die im Vorstellungsgespräch ist? Auf diese Weise kann eine Atmosphäre erschaffen werden, die weniger einer Prüfungssituation gleicht. Dieses Element findet eher nach einem Vorstellungsgespräch Anwendung und wir nur bei Bedarf verwendet. Hier erhoffen sich Entscheider sehr direkte Einblicke in persönliche Verhaltensweisen und Haltungen der Bewerber, die „ungefilterte“ Wirkung der Kandidaten wird erlebbar.

Fazit: Das Vorstellungsgespräch der Zukunft

Ohne Zweifel befindet sich das Vorstellungsgespräch derzeit in einem Veränderungsprozess. Dabei hat die Corona-Pandemie sicherlich in einigen Bereichen für eine Beschleunigung bei der Etablierung einiger Elemente gesorgt. Gleichzeitig warteten viele Trends bereits in den Startlöchern und werden seit einiger Zeit erprobt. Viele neue Varianten beim Vorstellungsgespräch bringen wesentliche Vorteile mit sich, auf die Unternehmen in Zukunft nicht mehr verzichten werden. Für Bewerber heißt dies, sich noch intensiver und gezielter auf Bewerbungsgespräche vorzubereiten.